Was der Online-Modehändler Zalando in seinem digitalen Geschäft nicht los wird, verkauft er jetzt auf der Pracht-Einkaufsstraße „Kö“ in Düsseldorf. Dort hat der Berliner Digitalkonzern gerade seinen größten Outlet-Store eröffnet mit Schuhen, Kleidern und Anzügen auf drei Etagen. Die meisten schicken Geschäfte von Gucci bis Louis Vuitton sind hier noch eher leer, während sich die Kunden in der Zalando-Filiale drängeln. Früher stand an gleicher Stelle ein Geschäft des schwedischen Modehändlers H&M. Wie in Düsseldorf verschwinden in den Städten die alltäglichen Corona-Einschränkungen. Geschäfte öffnen, Gastronomen bewirten Gäste wieder vor Ort, und das Leben kehrt in die Einkaufsstraßen zurück. Ist damit nach der Krise alles wie vorher, oder macht sich Leerstand in den Zentren breit?
Aus Dortmund klingt der Blick auf die Innenstadt fast schon überrascht: „Augenscheinlich ist der Dortmunder City die ganz große Leerstandswelle bisher erspart geblieben“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Leerstände wären nicht von Dauer. Immer wieder sucht die Stadt Kontakt zu Eigentümern leerer Ladenlokale, doch häufig ist die Rückmeldung, dass die Folgenutzung schon feststeht oder gerade verhandelt wird. In Hannover wiederum erkennt die Verwaltung keine größeren zusammenhängenden Leerstände mit Ausnahme der früheren Karstadt-Immobilie in der Georgstraße. In Duisburg liegt die Leerstandsquote auf dem gleichen Niveau wie vor der Corona-Pandemie für den Stadtkern, berichtet Andree Haack, Beigeordneter für Wirtschaft: „Wir führen als Wirtschaftsdezernat regelmäßig Gespräche mit den örtlichen Banken, die derzeit keine große Insolvenzwelle befürchten.“
Der Handelsverband HDE beobachtet die Lage in den Innenstädten genau. In der Corona-Pandemie hatte der Verband vor dem drohenden Aus von mehr als 100.000 Geschäften gewarnt. Wie viele tatsächlich aufgegeben haben, vermag der Verband nicht abzuschätzen. Doch auch weil wegen der immer noch vorhandenen Corona-Beschränkungen die Umsätze oft noch unter dem Vorkrisenniveau liegen, wünscht sich der Verband mehr Rückendeckung von der Politik – besonders bei einem Thema.
Alle Türen auf
Es geht um die bei Kirchen und Gewerkschaften äußerst unbeliebten Sonntagsöffnungen. „Kurzfristig sollte es gerade mit dem Blick auf einen kraftvollen Neustart nach der Pandemie allen Einzelhändlern offenstehen, zumindest die restlichen Sonntage in diesem Jahr ihre Türen für alle Kunden zu öffnen“, fordert HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth gegenüber der F.A.Z. „Das wäre ein klares Signal an die Menschen, dass die Innenstädte wieder offen und die Geschäfte wieder für alle da sind. Zudem gibt es den Händlern die Chance, wenigstens ein bisschen des während der Lockdowns verlorenen Umsatzes nachzuholen.“ Genth verweist dabei auf die vielen anderen Wirtschaftsbereiche, die sonntags offen haben, von Restaurants über Kinos bis hin zu Theatern. Auch beim Blick ins Ausland fühlt er sich bestätigt: „Sogar in stark katholisch geprägten EU-Ländern wie Italien und Polen können die Kunden an den Sonntagen grundsätzlich einkaufen. Eine deutsche Sonderrolle ist hier nicht nachvollziehbar.“
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Rechnet man die Effekte regionaler Sonntagsöffnungen auf ganz Deutschland hoch, könnte nach Schätzung des HDE an einem geöffneten Sonntag bundesweit im Einzelhandel rund eine Milliarde Euro Umsatz erzielt werden. „Natürlich verlagern sich dabei dann auch Umsätze aus dem Onlinehandel, der an einem durchschnittlichen Sonntag rund 200 Millionen Euro umsetzt, und von anderen Wochentagen auf den Sonntag“, sagt Genth.
Vor allem Modehändler haben unter geschlossenen Geschäften und der Öffnung zunächst nur für Kunden mit Negativtest gelitten. Jetzt stehen Rabattschlachten an, um die Läger leer zu bekommen. Schon in den vergangenen Jahren haben Ketten wie Gerry Weber oder Tom Tailor zahlreiche Filialen geschlossen. Appelrath Cüpper oder Galeria Karstadt Kaufhof haben Insolvenzverfahren durchlaufen. Auch Unternehmen, deren Onlinegeschäft floriert, wie die Parfümeriekette Douglas, dünnen ihr Filialnetz deutlich aus.