Die Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkung auf Gewerbemietverhältnisse

Die Pandemie begleitet uns nun schon seit gut einem Jahr und so lange halten auch bereits die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus an. Für viele Unternehmen bedeutet dies vor allem Sorgen in finanzieller und existenzieller Hinsicht.

Im „Lockdown“ bleiben viele Geschäfte geschlossen und oft ist es nicht möglich, auf einen Online-Handel oder Strategien wie „Click &Collect“ umzustellen. Dies dürfte vor allem kleinere Unternehmen und Soloselbständige treffen. Zu dem fehlenden Umsatz und der behördlich angeordneten Schließung kommt nun auch noch die Auseinandersetzung mit dem Vermieter, wenn die Miete aufgrund der Schließung nicht oder nicht vollständig gezahlt werden kann.

Aber muss die Miete überhaupt gezahlt werden, wenn das Geschäft nicht betrieben werden kann und die Gewerbemieträume somit nicht genutzt werden können?

Mit dieser Frage beschäftigten sich jüngst zwei Oberlandesgerichte (OLG) und kamen zu unterschiedlichen Auffassungen:

Das OLG Dresden entschied zugunsten einer Mieterin, dass ein Einzelhändler, der sein Geschäft aufgrund der coronabedingten Schließungsanordnung nicht öffnen durfte, für das Ladenlokal lediglich 50 % der Kaltmiete zahlen muss. Das Gericht argumentierte mit dem sog. „Wegfall der Geschäftsgrundlage“. In solchen Fällen sei von einer Störung der Geschäftsgrundlage auszugehen, die eine Anpassung erforderlich mache, um die bestehenden Belastungen zu teilen (OLG Dresden, Urteil vom vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20). Das OLG formulierte zu seinem Urteil die folgenden Leitsätze:

„Die durch die Corona-Pandemie verursachte staatliche Schließungsanordnung für ein im Rahmen des Mietzweckes betriebenes Geschäft begründet keinen zur Minderung der Miete führenden Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB.

Es liegt aber eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im  Sinne einer Störung der großen Geschäftsgrundlage vor. Diese führt, wenn sie über einen Monat andauert, regelmäßig zur Anpassung des Mietvertrages gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahin, dass die vertraglich vereinbarte Kaltmiete für den Zeitraum der        Schließungsanordnung auf die Hälfte reduziert wird.

Es bleibt offen, ob und ggf. inwieweit staatliche Zahlungen an Vermieter oder Mieter aus Anlass der Corona-Pandemie zu einer (weiteren) Anpassung der Kaltmiete gemäß § 313 Abs. 1 BGB führen sowie ob und ggf. inwieweit Zahlungen auf Betriebskosten anzupassen sind.“

In dem vom OLG Dresden entschiedenen Fall ging es um eine Filiale einer Handelskette die Bekleidung vertreibt. In erster Instanz obsiegte der Vermieter; dieses Urteil hob das OLG Dresden allerdings auf und urteilte zugunsten der Mieterin.

Anders entschied jedoch am selben Tag das OLG Karlsruhe. Auch in diesem Fall ging es dieselbe Handelskette, die bewusst in verschiedenen Bundesländern geklagt hatte. Streitig war die Miete für den Monat April 2020. In erster Instanz hatte das Gericht bereits zugunsten des Vermieters entschieden und diese Entscheidung bestätigte das OLG Dresden mit Urteil vom 24.02.2021, Az. 7 U 109/20. Die Leitsätze hat das OLG Karlsruhe demnach so formuliert:

„Die coronabedingte Schließungsanordnung eines Geschäfts begründet weder einen Sachmangel der Mietsache noch eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung des Vermieters.

Die Annahme der Unzumutbarkeit der Mietzahlung im Rahmen von § 313 BGB setzt eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls voraus, bei der der Rückgang der Umsätze, mögliche Kompensation durch online-Handel, öffentliche Leistungen, ersparte Aufwendungen, z.B. durch Kurzarbeit oder Vermögenswerte durch nicht verkaufte und noch verkaufbare Ware zu berücksichtigen sind.“

Das OLG argumentiert, dass nach § 313 Abs. 1 BGB die Anpassung des Vertrags verlangt werden kann, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Der Mieter trägt im Verhältnis zum Vermieter grundsätzlich das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache.

Der Mieter könne die Räumlichkeiten nach Ansicht des OLG noch immer zu Verkaufs- und Lagerzwecken nutzen. Ein allgemeiner Anspruch auf Anpassung der Mietzinszahlungen bestehe demnach nicht; vielmehr müssten in jedem Einzelfall die Umstände betrachtet werden. Dem Mieter sei es nur dann aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unzumutbar, den vollen Mietzins zu zahlen, wenn es dadurch zu einer Vernichtung der Existenz komme oder das wirtschaftliche Fortkommen zumindest schwerwiegend beeinträchtigt sei. Weiter führt das OLG aus, dass eine Angleichung geboten ist, wenn das Festhalten am Vertrag zu einem untragbaren, mit Recht und Gesetz schlechthin nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde (BGH, Urteil vom 20.12.2004, VIII ZR 41/04). Solche besonderen Umstände habe die Handelskette nicht ausreichend geltend gemacht.

Beide Verfahren werden in Zukunft den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich der BGH zu dieser Problematik positioniert.

Die Rechtsprechung dieser beiden Oberlandesgerichte zeigt beispielhaft, dass in vielen Fällen eine Unsicherheit bei Rechtsfragen im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie besteht. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig qualifizierten Rechtsbeistand zu suchen. Unsere Kanzlei „Prof. Versteyl Rechtsanwälte“ unterstützt Sie gern in zivil- und mietrechtlichen Belangen und hilft Ihnen, Ihr Recht durchzusetzen.

Ricarda Krusche
Rechtsanwältin